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Unzulässige Bürgschaft einer GmbH für Kredit einer Schwestergesellschaft: Bürgin muss nicht zahlen
von Dr. Lukas Fantur | 23. November 2010
- Beteiligungsverhältnisse bei der ersten Bürgschaft:
- Beteiligungsverhältnisse bei der zweiten Bürgschaft:
- Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften
- Zuwendungen an nahestehende Dritte
- Fremdvergleich
- Bonität des begünstigten Gesellschafters ist irrelevevant
- Missbrauch der Vertretungsmacht
- Nachforschungspflicht der kreditgebenden Bank
- Bürgschafts-Check
- Kommentare (2)
Eine GmbH darf nicht ohne weiteres eine Bürgschaft für eine Schwestergesellschaft übernehmen. Im einem aktuellen Fall wurde die Klage der Bank gegen die bürgende GmbH vom Obersten Gerichtshof (OGH) abgewiesen.
Der OGH hatte über die Gültigkeit von 2 eingegangenen Bürgschaften zu entscheiden:
Beteiligungsverhältnisse bei der ersten Bürgschaft:
Beteiligungsverhältnisse bei der zweiten Bürgschaft:
Die Argumente des Obersten Gerichtshofs kurz zusammengefasst:
Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften
Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften kann auch in der Bestellung von Sicherheiten für Dritte am Gesellschaftsvermögen für Forderungen gegen Gesellschafter liegen.
Zuwendungen an nahestehende Dritte
Verboten sind auch auf Veranlassung eines Gesellschafters vorgenommene Zuwendungen der Gesellschaft an einen dem Gesellschafter nahestehenden Dritten, so zum Beispiel an eine Gesellschaft, an der der Gesellschafter selbst beteiligt ist.
Fremdvergleich
Bei der Prüfung der Frage, ob ein objektiv sorgfältig handelnder Geschäftsleiter ein konkretes Rechtsgeschäft unter den gleichen Bedingungen auch mit einem außenstehenden Dritten abgeschlossen hätte, ist umfassend auf alle Vorteile abzustellen, die der Gesellschaft zukommen.
Diese können
- in einer monetären Gegenleistung, aber auch
- in sonstigen Vorteilen liegen, die sich aus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter ergeben.
Bonität des begünstigten Gesellschafters ist irrelevevant
Eine hervorragende Bonität des begünstigten Gesellschafters, die den Rückgriffsanspruch gegen ihn als vollwertig erscheinen lässt, oder eine fehlende Existenzgefährdung der bürgenden Gesellschaft bei Rückgriff auf ihre Bürgschaften oder marktübliche Kreditkonditionen verschaffen der Gesellschaft keinen Vorteil, der zur Annahme einer betrieblichen Rechtfertigung führen könnte.
Missbrauch der Vertretungsmacht
Die Wirksamkeit des (Bürgschafts-)Vertrags beurteilt sich nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht.
Bei Kollusion (= böswilliges Zusammenwirken mit dem Geschäftspartner), aber auch in jenen Fällen, in denen der Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft handelt und der Dritte davon wusste oder sich der Missbrauch ihm geradezu aufdrängen musste (dessen Unkenntnis somit auf grober Fahrlässigkeit beruht) ist die Gesellschaft zur Leistungsverweigerung berechtigt.
Nachforschungspflicht der kreditgebenden Bank
Schon von vornherein hoch verdächtige Fälle lösen Erkundigungspflichten der kreditgebenden Bank aus.
Der Kreditgeber hat bei den Beteiligten nach der Gegenleistung nachzufragen, wobei er sich auf nicht offenkundig unrichtige Auskünfte verlassen darf.
Quelle: Oberster Gerichtshof 29.09.2010, 7Ob35/10p (GES 2010, 217)
Bürgschafts-Check
Wenn Sie Zweifel haben, ob die von einer GmbH übernommene Bürgschaft für eine andere Gesellschaft rechtmäßig zustande gekommen ist, können Sie sich zur rechtlichen Prüfung an den Autor dieser Website, Rechtsanwalt Dr. Lukas Fantur (Wien) wenden.
Über Rechtsanwalt Dr. Lukas Fantur
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Themen: Einlagenrückgewähr - verdeckte Gewinnausschüttung | 2 Kommentare »
12. April 2011 um 07:40
Fachliteratur dazu: Karollus, Entscheidungsanmerkung, Der Gesellschafter (GesRZ) 2011, 112
9. Mai 2011 um 10:41
Vgl auch Scheuwimmer, Memo: Einlagenrückgewähr durch Besicherung, ecolex 2011, 332