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Einberufung einer zweiten Generalversammlung im Fall der Beschlussunfähigkeit
von Dr. Lukas Fantur | 25. Januar 2010
Generalversammlung – Anwesenheitsquorum
Sofern der Gesellschaftsvertrag einer GmbH nichts anderes vorsieht, kann eine Beschlussfassung in der Generalversammlung nur erfolgen, wenn wenigstens 10 % des Stammkapitals anwesend bzw vertreten sind (§ 38 Abs 6 GmbHG).
Maßgebend ist nur die Anwesenheit in der Generalversammlung, nicht aber, ob die betreffenden anwesenden Gesellschafter zum konkreten Tagesordnungspunkt auch überhaupt abstimmen dürfen. Auf ein Stimmverbot kommt es also nicht an.
Generalversammlung – Regelung im Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag kann anderes vorsehen, er kann dieses Mindest-Anwesenheitsquorum für die Generalversammlung sowohl reduzieren als auch erhöhen.
Vorgangsweise bei Beschlussunfähigkeit mangels ausreichender Anwesenheit von Gesellschftern
Ist die Generalversammlung nicht beschlussfähig, ist folgendermaßen vorzugehen:
- Unter Hinweis auf die festgestellte Beschlussunfähigkeit ist eine zweite Generalversammlung einzuberufen.
- Die Tagesordnungspunkte der zweiten Generalversammlung sind dabei auf die Gegenstände der früheren Versammlung beschränkt.
- Die zweite Generalversammlung ist dann grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig. Eine „Politik des leeren Stuhls“ kann daher grundsätzlich nicht ewig fortgeführt werden.
Das gilt aber nicht, wenn der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich Gegenteiliges bestimmt (vgl § 38 Abs 7 GmbHG).
OGH-Entscheidung zu gesellschaftsvertraglichem Anwesenheitsquorum bei Generalversammlung
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu allerdings entschieden, dass ein im Gesellschaftsvertrag vorgesehenes (qualifiziertes) Anwesenheitsquorum grundsätzlich nicht auch für die zweite, wiederholte Gesellschafterversammlung Geltung hat.
In der wiederholten Gesellschafterversammlung kommt nach dem OGH vielmehr die gesetzliche Regelung zu Anwendung (10%-ige Anwesenheitsquote).
Ein im Gesellschaftsvertrag verlangtes Quorum gilt daher nur dann auch für die zweite Versammlung, wenn das im Gesellschaftsvertrag unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht wird.
Der Autor
Dr. Lukas Fantur ist Rechtsanwalt in Wien und gehört zu den führenden Experten im GmbH-Recht.
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Themen: Gesellschafterbeschlüsse | 1 Kommentar »
1. April 2016 um 10:59
Siehe OGH 16.10.1086 6 Ob 36/85 und bestätigend OGH 24.03.1988 6 Ob 515/88.