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Handelsgericht Wien: Kein Stimmverbot eines Gesellschafters bei Beschlussfassung über seine arbeitsrechtliche Entlassung
von Dr. Lukas Fantur | 19. August 2015
Handelsgericht Wien: Wird bei einer GmbH über die arbeitsrechtliche Entlassung eines bei der Gesellschaft angestellten Gesellschafters Beschluss gefasst, unterliegt der Betroffene keinem Stimmverbot.
Gesellschafter mit Dienstverhältnis zur eigenen GmbH
Der (durch meine Rechtsanwaltskanzlei vertretene) klagende Gesellschafter hat ein Anstellungsverhältnis zur GmbH. Aufgrund dieses Anstellungsverhältnisses war er mit Entsendungsvertrag ins Ausland entsendet, um dort bei einer 100%igen Tochtergesellschaft die Geschäftsführung auszuüben.
Gesellschafterversammlung beschließt über Entlassung
Im Februar 2014 kam es zu einer Generalversammlung bei der österreichischen Muttergesellschaft. Weil der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass die Beendigung von Anstellungsverhältnissen mit Gesellschaftern eines Generalversammlungsbeschlusses bedarf, wurde der Beschlussantrag gestellt, „die Entlassung des betreffenden Geschäftsführers als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft zu genehmigen“.
50% stimmten dafür, 50% (darunter auch der durch mich vertretene betroffene Gesellschafter selbst) stimmten dagegen.
Stimmverbot oder Stimmrecht des von der Entlassung betroffenen Gesellschafters?
Weil es keinen Vorsitzenden gab, war unklar, ob der Beschluss zustande gekommen oder abgelehnt worden war. Strittig war, ob der Betroffene in dieser Frage mitstimmen darf, oder ob er sich wegen eines Stimmverbotes der Stimme zu enthalten hatte. Ich trat dafür im Interesse meines Mandanten dafür ein, dass dieser mitstimmen darf.
Erfolgreiche Feststellungsklage
Namens des betroffenen Gesellschafters reichte ich gegen die Gesellschaft eine Feststellungsklage beim Handelsgericht Wien ein. Begehrt wurde die Feststellung, dass der Beschlussantrag abgelehnt und die Entlassung daher nicht genehmigt wurde.
Der von mir eingebrachten Klage wurde stattgegeben. Das Handelsgericht Wien geht von einem Stimmrecht des betroffenen Gesellschafters aus.
- Es beruft sich dabei auf die Fachliteratur (Enzinger), wonach die besseren Gründe dafür sprechen, dem Betroffenen das Stimmrecht zu zuerkennen.
- Nach Ansicht des Handelsgerichtes Wien folgt dies aber auch aus der Regelung des § 50 Abs 4 GmbHG, wonach Gesellschafterbeschlüsse, die dem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende Leistungen vermehren, z.B. Nachschüsse auferlegen oder einzelenen Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag einberäumte Rechte (Sonderrechte) kürzen, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der betroffenen Gesellschafter bedürfen.
Quelle: Handelsgericht Wien 16.05.2015, 37 Cg 18/14i (nicht rechtskräftig); Klagevertreter: Rechtsanwalt Dr. Lukas Fantur)
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Themen: Gesellschafterstreit | 1 Kommentar »
4. März 2016 um 14:31
Die gegenständliche Entscheidung des Handelsgerichtes Wien wurde über Berufung der beklagten Partei vom Oberlandesgericht Wien abgeändert. Das OLG Wien vertritt, anders als das Handelsgericht Wien, die Ansicht, dass der betroffene Gesellschafter nicht mitstimmen darf und entschied klagsabweisend. Wegen fehlender höchstgerichtlicher Judikatur wurde die ordentliche Revision an den OGH zugelassen. Siehe dazu meinen Artikel
http://www.gmbhrecht.at/gesellschafterstreit/olg-wien-stimmverbot-gesellschafter-entlassung/