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Gewalt durch Geschäftsführer: Wann eine sofortige Abberufung möglich ist
von Dr. Lukas Fantur | 18. Dezember 2025
- Einstweilige Verfügung bei Geschäftsführer-Abberufung
- Zwei rechtliche Wege zur Sicherung der Abberufung
- 1. Einstweilige Verfügung wegen Gewalt (§ 381 Z 2 EO)
- Was gilt rechtlich als Gewalt eines Geschäftsführers?
- Gewalt durch Geschäftsführer: Warum schnelles Handeln erlaubt ist
- 2. Sonderregelung im GmbH-Gesetz (§ 16 Abs 2 GmbHG)
- Konkurrierende Sicherungsansprüche sind zulässig
- Zusammenfassung: Was bedeutet die OGH-Entscheidung für die Praxis?
- Fazit: Gewalt Geschäftsführer rechtfertigt schnelles Einschreiten
- Über mich
Wenn es zu schweren Konflikten in einer GmbH kommt, kann das für das Unternehmen sehr gefährlich werden. Besonders kritisch ist es, wenn ein Geschäftsführer Gewalt ausübt oder andere massiv beleidigt. In solchen Fällen stellt sich die Frage:
Kann ein Geschäftsführer sofort abberufen werden – noch bevor ein Gerichtsverfahren abgeschlossen ist?
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu mit einer aktuellen Entscheidung vom 3. Juli 2025 (6 Ob 97/25w) wichtige Klarstellungen getroffen. Dieser Artikel erklärt die Entscheidung.
Einstweilige Verfügung bei Geschäftsführer-Abberufung
Grundsätzlich dauert ein Gerichtsverfahren einige Zeit. In bestimmten Situationen ist das aber nicht zumutbar. Dann kann das Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen.
Eine einstweilige Verfügung ist eine vorläufige gerichtliche Maßnahme, um eine gefährliche Situation sofort zu entschärfen – zum Beispiel, um einen Geschäftsführer rasch aus seiner Funktion zu entfernen.
Der OGH stellt klar:
Ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung zur Sicherung der Abberufung eines Geschäftsführers kann auf zwei rechtliche Grundlagen gestützt werden.
Zwei rechtliche Wege zur Sicherung der Abberufung
1. Einstweilige Verfügung wegen Gewalt (§ 381 Z 2 EO)
Der erste Weg führt über die Exekutionsordnung (§ 381 Z 2 EO). Diese Bestimmung greift, wenn Gewalt vorliegt.
Wichtig:
Der Begriff Gewalt wird vom Gesetz sehr weit verstanden.
Was gilt rechtlich als Gewalt eines Geschäftsführers?
Nach der Entscheidung des OGH liegt Gewalt vor, wenn:
-
eine rechtswidrige Handlung erfolgt
-
diese Handlung physisch oder psychisch auf andere Personen einwirkt
-
und es unzumutbar wäre, das Ende eines Gerichtsverfahrens abzuwarten
Das bedeutet konkret:
Gewalt ist nicht nur körperliche Gewalt.
Der OGH nennt ausdrücklich als Beispiele:
-
Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit, also Tätlichkeiten
-
schwere Beleidigungen, die psychisch massiv belasten
👉 Auch verbale Entgleisungen können daher als Gewalt gelten, wenn sie besonders schwerwiegend sind.
Gewalt durch Geschäftsführer: Warum schnelles Handeln erlaubt ist
Wenn ein Geschäftsführer Gewalt ausübt, ist es dem Unternehmen und den betroffenen Personen oft nicht zumutbar, ihn weiter im Amt zu lassen, bis ein Urteil vorliegt.
Der OGH sagt klar:
In solchen Fällen kann das Gericht sofort eingreifen, um Schaden zu verhindern.
2. Sonderregelung im GmbH-Gesetz (§ 16 Abs 2 GmbHG)
Zusätzlich zur Exekutionsordnung gibt es eine eigene Sonderregelung im GmbH-Gesetz.
Nach § 16 Abs 2 letzter Satz GmbHG kann ebenfalls eine einstweilige Verfügung beantragt werden, um die Abberufung eines Geschäftsführers abzusichern.
Der OGH bestätigt:
👉 Beide Rechtsgrundlagen können nebeneinander angewendet werden.
Das bedeutet:
-
Antragsteller sind nicht auf nur eine Regel beschränkt
-
Gerichte haben mehrere Möglichkeiten, rasch zu reagieren
Konkurrierende Sicherungsansprüche sind zulässig
Ein besonders wichtiger Punkt der Entscheidung ist:
Der OGH erlaubt ausdrücklich konkurrierende Sicherungsansprüche.
Das heißt:
-
Ein Antrag kann gleichzeitig
-
auf Gewalt nach der Exekutionsordnung
-
und auf die Sonderregel im GmbH-Gesetz
gestützt werden.
-
Das stärkt die rechtliche Position von Gesellschaftern und Unternehmen erheblich.
Zusammenfassung: Was bedeutet die OGH-Entscheidung für die Praxis?
Die Entscheidung bringt wichtige Klarheit:
-
Gewalt durch einen Geschäftsführer kann auch psychisch sein
-
Schwere Beleidigungen gelten rechtlich als Gewalt
-
Bei Gewalt ist eine sofortige gerichtliche Maßnahme möglich
-
Die Abberufung eines Geschäftsführers kann vorläufig abgesichert werden
-
Zwei gesetzliche Grundlagen stehen dafür zur Verfügung
-
Ein Abwarten auf ein Urteil ist in solchen Fällen nicht notwendig
Fazit: Gewalt Geschäftsführer rechtfertigt schnelles Einschreiten
Übt ein Geschäftsführer Gewalt aus – sei es körperlich oder durch massive Beleidigungen –, muss das Unternehmen nicht tatenlos bleiben. Die Rechtsprechung des OGH zeigt klar:
Der Schutz von Personen und der GmbH geht vor.
Eine einstweilige Verfügung kann helfen, gefährliche Situationen rasch zu beenden und weiteren Schaden zu verhindern.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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