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Erwerb eines GmbH-Anteils: Ab wann ist der Erwerber Gesellschafter?
von Dr. Lukas Fantur | 13. Februar 2010
Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer GmbH mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden bedarf eines Notariatsakts (§ 76 Abs 2 GmbHG). Ist dieser Notariatsakt errichtet, stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Erwerber in der Folge als Gesellschafter der GmbH anzusehen ist und somit Subjekt der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte, z.B.
- Stimmrecht,
- Gewinnbezugsrecht
aber auch Pflichten, z.B.
- Haftung für die Einzahlung des Stammkapitals
wird.
Widersprüchliche gesetzliche Regelung
§ 78 Abs 1 GmbH-Gesetz lautet: “Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt nur derjenige als Gesellschafter, der im Firmenbuch als solcher aufscheint.”
Schon die unmittelbar nachfolgende Regelung des Absatzes 2 des § 78 GmbHG steht mit der eben zitierten Bestimmung des § 78 Abs 1 GmbHG in einem offenkundigen Widerspruch:
§ 78 Abs 2 GmbHG sieht vor, dass der Erwerber des Geschäftsanteils für die zur Zeit der Anmeldung des Überganges eines Geschäftsanteils zum Firmenbuch auf diesen rückständige Leistungen zur ungeteilten Hand mit dem Rechtsvorgänger verhaftet ist.
Diese Haftung ist bereits in der Mitgliedschaft des neuen Gesellschafters zur Gesellschaft begründet.
Die Eintragung in das Firmenbuch ist daher deklarativ, also selbst nicht rechtsbegründend.
Gesetzliche Fiktion für den Zweifelsfall
Der Erwerber ist grundsätzlich nach der tatsächlichen Rechtslage zu behandeln. Die Bestimmung des § 78 Abs 1 GmbHG ist „nur“ eine gesetzliche Fiktion für den Zweifel- bzw. Streitfall.
Zu so einem Streiot könnte es etwa kommen, wenn unklar ist, ob eine gesellschaftsvertraglich gebotene Zustimmung zur Anteilsübertragung gegeben wurde oder nicht.
Dafür spricht auch der Wortlaut dieser Bestimmung. Indem § 78 Abs 1 GmbHG vorschreibt, dass der im Firmenbuch Eingetragene im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter “gilt” wird klar, dass hier eine gesetzliche Fiktion angeordnet ist.
Diese hat den Zweck hat, im Fall
- unklarer Sachverhalte oder bei
- Streitigkeiten über die Mitgliedschaft die Gesellschaft
- bis zur allfälligen (gerichtlichen) Klärung
funktionsfähig zu erhalten.
Die Bestimmung des § 78 Abs 1 GmbHG dient dem Interesse der Gesellschaft und soll ihr Klarheit darüber verschaffen,
- aus welchen Personen sich der Gesellschafterkreis zusammensetzt und
- wer daher berechtigt ist, die Gesellschafterrechte auszuüben.
Rechtsanwalt für GmbH-Recht
Dr. Lukas Fantur ist Rechtsanwalt in Wien und gehört zu den führenden Experten im österreichischen GmbH-Recht.
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