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Treuepflicht der Gesellschafter einer GmbH
von Dr. Lukas Fantur | 20. Dezember 2025
Die Treuepflicht spielt im Gesellschaftsrecht eine wichtige Rolle. Besonders bei einer GmbH stellt sich oft die Frage:
👉 Müssen Gesellschafter immer die Interessen der Gesellschaft über ihre eigenen stellen?
👉 Sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Gesellschaftern bereits eine Treuepflichtverletzung?
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu in einer Entscheidung vom 30.04.2025 (6 Ob 146/24z) wichtige Klarstellungen getroffen.
Was ist die Treuepflicht bei einer GmbH?
Die Treuepflicht bedeutet grundsätzlich, dass Gesellschafter einer GmbH auf die Interessen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter Rücksicht nehmen müssen.
Sie sollen der Gesellschaft nicht schaden und sich fair und loyal verhalten.
Wichtig ist aber:
Die Treuepflicht ist keine Pflicht zur Selbstaufgabe.
Müssen Gesellschafter immer die Interessen der GmbH über ihre eigenen stellen?
Klare Antwort des OGH: Nein
Der OGH stellt ausdrücklich fest:
Die Treuepflicht gebietet es nicht, stets die Interessen der Gesellschaft über die eigenen zu stellen.
Sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Gesellschaftern eine Treuepflichtverletzung?
Auch hier schafft der OGH Klarheit
Der OGH hält fest:
Bloße Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern über die günstigste Vorgehensweise können keine Treuepflichtverletzungen darstellen.
Das heißt also:
-
Unterschiedliche Ansichten sind normal
-
Diskussionen über Strategien, Investitionen oder Entscheidungen sind zulässig
-
selbst harte sachliche Auseinandersetzungen verletzen die Treuepflicht nicht automatisch
Quelle: OGH vom 30.04.2025, Geschäftszahl: 6 Ob 146/24z
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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Themen: Gesellschafterstreit, GmbH | 0 Kommentare »

