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Haftung des Sacheinlageprüfers
von Dr. Lukas Fantur | 21. Dezember 2025
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich mit Entscheidung vom 30. April 2025 (6 Ob 214/24z) mit wesentlichen Haftungsfragen des Sacheinlageprüfers auseinandergesetzt und dabei wichtige Klarstellungen getroffen – zugleich aber eine entscheidende Frage offen gelassen.
Was ist ein Sacheinlageprüfer?
Bei der Gründung oder Kapitalerhöhung einer Gesellschaft können Gesellschafter Sacheinlagen (z. B. Immobilien, Unternehmen, Maschinen oder Forderungen) einbringen. Der Sacheinlageprüfer hat die Aufgabe, den tatsächlichen Wert dieser Sacheinlagen zu prüfen und zu bestätigen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Gesellschaftskapital real gedeckt ist und Gläubiger geschützt werden.
Kernaussagen der OGH-Entscheidung (6 Ob 214/24z)
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung drei zentrale Punkte zur Haftung des Sacheinlageprüfers festgehalten:
1. Haftung für die Wertdifferenz (Differenzhaftung)
Der Sacheinlageprüfer haftet der geprüften Gesellschaft für die Differenz zwischen dem zu hoch bestätigten und dem tatsächlichen Wert der Sacheinlage.
👉 Wird der Wert einer Sacheinlage also überschätzt und entsprechend bestätigt, muss der Sacheinlageprüfer für die daraus resultierende Wertlücke einstehen. Diese Haftungsform wird als Differenzhaftung bezeichnet.
2. Kein Einwand fehlender Kausalität
Dem Sacheinlageprüfer ist der Einwand der fehlenden Kausalität verwehrt.
3. Verschuldenserfordernis bleibt offen
Der OGH lässt ausdrücklich offen, ob der Sacheinlageprüfer nur bei Verschulden oder auch verschuldensunabhängig haftet.
👉 Diese Frage – ob also bereits objektiv falsche Bewertungen ohne Verschulden zur Haftung führen – wurde vom Gericht nicht abschließend entschieden. Damit bleibt für die Praxis weiterhin eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung unterstreicht die hohe Verantwortung des Sacheinlageprüfers im Gesellschaftsrecht:
-
Eine zu hohe Bewertung kann unmittelbar zu einer Haftung führen
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Verteidigungsargumente wie fehlende Kausalität sind ausgeschlossen
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Das Haftungsregime (verschuldensabhängig oder -unabhängig) ist weiterhin ungeklärt
Für Gesellschaften stärkt die Entscheidung den Schutz vor überbewerteten Sacheinlagen. Für Sacheinlageprüfer erhöht sie das Haftungsrisiko und damit die Anforderungen an eine sorgfältige, nachvollziehbare und dokumentierte Bewertung.
Fazit
Mit der Entscheidung OGH 30.04.2025, 6 Ob 214/24z bestätigt der Oberste Gerichtshof die Differenzhaftung des Sacheinlageprüfers und schränkt dessen Verteidigungsmöglichkeiten deutlich ein. Ob die Haftung auch ohne Verschulden greift, bleibt jedoch offen und dürfte zukünftige Judikatur oder den Gesetzgeber weiter beschäftigen.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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