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Auflösungsklage bei der GmbH: Oberster Gerichtshof wirft Türe nicht ganz zu
von Dr. Lukas Fantur | 8. Juli 2025
In einer brandneuen Entscheidung lehnt der OGH eine Klage zur Auflösung einer GmbH zwar ab. Er zeigt jedoch einen möglichen Ausweg auf – aber nur bei entsprechender Formulierung des Klagebegehrens.
Pattsituation und Streitereien in der GmbH
Der Kläger und der Beklagte sind zu je 50 % Gesellschafter einer GmbH.
Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelungen zur Auflösung der Gesellschaft.
Der Kläger begehrt die Auflösung der Gesellschaft.
- Es sei für ihn aufgrund des Verhaltens des Beklagten unzumutbar, mit diesem weiterhin zusammenzuarbeiten.
- Die rechtsgestaltende Auflösung der Gesellschaft durch das Gericht sei die einzige Möglichkeit, die langjährigen, destruktiven Auseinandersetzungen der Gesellschafter zu beenden.
OGH: Keine Auflösungsklage
Der OGH lehnt in seiner Entscheidung die Auflösungsklage bei einer GmbH jedoch ganz grundsätzlich ab:
- Die Bestimmung des § 133 UGB über die Auflösung der Gesellschaft durch gerichtliche Entscheidung aus wichtigem Grund sei nicht analog anwendbar.
- Auch eine Analogie des § 140 UGB über den zwangsweisen Ausschluss eines Gesellschafters sei unzulässig.
- Und auch keine Rechtsanalogie durch Einordnung der GmbH in die jederzeit aus wichtigen Gründen lösbaren Dauerschuldverhältnisse lehnt der OGH ab.
Der Gesetzgeber habe die nach deutschem Recht zulässige Möglichkeit, auf Auflösung der Gesellschaft zu klagen, bewusst nicht übernommen.
Möglicher Ausweg: Klagebegehren auf Zustimmung?
Im Anlassfall hatte der Kläger neben der „Auflösungsklage“ gegen seinen Mitgesellschafter hilfsweise (in eventu) ein Klagebegehren auf Zustimmung zur Auflösung gestellt.
Aus prozessualen Gründen konnte der OGH dieses Eventualbegehren nicht mehr aufgreifen.
Der OGH zeigt sich jedoch gegenüber einem solchen Begehren auf Zustimmung zur Auflösung nicht abgeneigt. Denn seine Entscheidung (6 Ob 170/24d) endet mit den Worten:
„Ob im vorliegenden Fall als Grundlage für das in eventu erhobene Zustimmungsbegehren die Treuepflicht unter den Gesellschaftern einer GmbH (vgl RS0026106) fruchtbar gemacht werden kann (vgl dazu die durchaus beachtlichen Argumente etwa bei Gelter in Gruber/Harrer, GmbHG² § 84 Rz 46a), ist daher nicht zu beantworten.“
Unterscheidung schwer nachvollziehbar
Mein Kommentar: Ein Klagebegehren auf Auflösung aus wichtigem Grund abzulehnen, gleichzeitig aber ein Klagebegehren auf Zustimmung zur Auflösung aufgrund der Treuepflicht in Aussicht zu stellen: Das klingt schon etwas spitzfindig.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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Themen: GmbH, Liquidation | 0 Kommentare »