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Wenn Geschäftsführer widersprüchlich handeln: Wer hat das letzte Wort?
von Dr. Lukas Fantur | 26. Dezember 2025
- Einzelvertretungsbefugnis – was heißt das überhaupt?
- Was gilt bei widersprüchlichen Entscheidungen?
- 1. Gleichzeitige Erklärungen
- 2. Entscheidungen nacheinander
- 3. Kann eine falsche Entscheidung später korrigiert werden?
- Gilt das auch vor Gericht?
- Die Ausagen des OLG Wien konkret zusammengefasst:
- Über mich – Ich helfe Ihnen bei Konflikten im Gesellschaftsrecht
Viele Unternehmen haben mehrere Geschäftsführer. Oft dürfen diese allein für die Gesellschaft handeln. Doch was passiert, wenn zwei Geschäftsführer unterschiedliche – oder sogar gegensätzliche – Entscheidungen treffen?
Ein Urteil des Oberlandesgerichtes Wien bringt hier wichtige Klarheit. Ich erkläre Ihnen, was das für Unternehmen, Geschäftsführer und Vertragspartner bedeutet.
Einzelvertretungsbefugnis – was heißt das überhaupt?
Ist ein Geschäftsführer einzelvertretungsbefugt, darf er die Gesellschaft allein und ohne Zustimmung der anderen Geschäftsführer vertreten. Das betrifft zum Beispiel:
- den Abschluss von Verträgen
- Kündigungen
- Prozesshandlungen (z. B. Klagen oder Rechtsmittel)
Problematisch wird es, wenn mehrere Geschäftsführer diese Befugnis haben – und nicht an einem Strang ziehen.
Was gilt bei widersprüchlichen Entscheidungen?
Das OLG Wien hat klargestellt, dass es vor allem auf den Zeitpunkt ankommt.
1. Gleichzeitige Erklärungen
Geben zwei Geschäftsführer gleichzeitig widersprüchliche Erklärungen ab, gilt:
- Die Erklärungen heben sich gegenseitig auf.
- Es entsteht keine wirksame Rechtslage.
2. Entscheidungen nacheinander
Handeln die Geschäftsführer nicht gleichzeitig, sondern zeitlich versetzt, dann gilt:
- Die zuerst zugegangene Erklärung zählt.
- Die Gesellschaft ist dadurch berechtigt und verpflichtet.
Ein später handelnder Geschäftsführer kann diese Entscheidung nicht rückwirkend aufheben.
3. Kann eine falsche Entscheidung später korrigiert werden?
Ja – aber nur für die Zukunft.
Eine bereits wirksame Handlung kann nicht rückgängig gemacht werden. Möglich sind nur neue Schritte, etwa:
- eine Kündigung
- ein neuer Vertrag
- eine Vertragsänderung
Rückwirkend geht das nicht. Das sorgt für Rechtssicherheit – vor allem für Vertragspartner.
Gilt das auch vor Gericht?
Ja. Das Gericht hat ausdrücklich festgehalten:
Diese Regeln gelten auch für Prozesshandlungen.
Das betrifft z. B.:
- das Einbringen einer Klage
- die Zurückziehung eines Rechtsmittels
- den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs
Die Ausagen des OLG Wien konkret zusammengefasst:
Bei widersprechenden Erklärungen mehrerer einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer gilt folgendes:
- Gleichzeitig abgegebene Erklärungen heben sich gegenseitig auf, andernfalls sind sie in der Reihenfolge ihres Zuganges zu beurteilen.
- Handeln zwei selbständig vertretungsberechtigte Geschäftsführer nacheinander, so wird die Gesellschaft durch die Tätigkeit des zuerst Handelnden berechtigt und verpflichtet.
- Der später Handelnde kann die so entstandene Rechtslage nicht rückwirkend aufheben, sondern nur durch eine neue Handlung, wie etwa durch eine Kündigung oder durch den Abschluss eines neuen Vertrages ändern.
- Diese Grundsätze gelten auch für Prozesshandlungen.
Quelle: OLG Wien 20.11.2024, 6 R 263/24a = GES 2024, 424
Über mich – Ich helfe Ihnen bei Konflikten im Gesellschaftsrecht
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
Als Rechtsanwalt helfe Ihnen im Gesellschafterstreit, Ihre Rechte durchzusetzen. Als Gesellschafter, Geschäftsführer oder als Gesellschaft.
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