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Insichgeschäft und Vergütung des Stiftungsvorstands – eine OGH-Überlegung mit Bedeutung für die GmbH
von Dr. Lukas Fantur | 23. Dezember 2025
Eine Entscheidung aus dem Stiftungsrecht – mit Signalwirkung
Auf den ersten Blick wirkt die Entscheidung OGH 11.12.2024, 6 Ob 14/24p (GES 2024, 420) wie ein klassischer Fall aus dem Privatstiftungsrecht. Es geht um den Stiftungsvorstand, seine Vergütung und die Frage, wer sie auszahlen darf.
Doch beim genauen Lesen habe ich mir gedacht:
- 👉 Das ist kein Spezialproblem der Privatstiftung.
- 👉 Das ist eine Grundsatzfrage des Gesellschaftsrechts.
Und genau deshalb halte ich diese Entscheidung für praxisrelevant weit über das Stiftungsrecht hinaus.
Worum es dem OGH beim Stiftungsvorstand wirklich ging
Der OGH befasst sich mit der Frage, ob die Auszahlung einer Vergütung an den Stiftungsvorstand ein genehmigungspflichtiges Insichgeschäft ist.
Der Gerichtshof formuliert das nicht plakativ – aber sinngemäß lässt sich aus der Entscheidung ableiten:
➡️ Wird die Vergütung ordnungsgemäß festgesetzt,
➡️ dann ist die Auszahlung dieser Vergütung lediglich deren Umsetzung,
➡️ und kein eigenständiges genehmigungspflichtiges Insichgeschäft.
Entscheidend ist also nicht die Auszahlung, sondern die vorgelagerte Vergütungsentscheidung.
Warum diese Unterscheidung so wichtig ist
Juristisch – und vor allem praktisch – liegt hier der Kern der Entscheidung:
- Vergütungsfestsetzung → rechtlich relevanter Akt, zustimmungs- oder genehmigungspflichtig
- Vergütungsauszahlung → bloßer Vollzug einer bereits getroffenen Entscheidung
Der OGH behandelt die Auszahlung nicht als neues Rechtsgeschäft, sondern als technischen Schritt ohne eigenen Entscheidungsspielraum.
💡 Und genau dort beginnt die Brücke zum GmbH-Recht.
Was ist ein Insichgeschäft – einfach erklärt
Ein Insichgeschäft liegt vor, wenn jemand gleichzeitig
- auf der einen Seite und
- auf der anderen Seite eines Geschäfts steht.
Das Gesetz ist hier vorsichtig – aus gutem Grund.
Aber: Nicht jede Handlung „mit sich selbst“ ist automatisch problematisch.
Der OGH zeigt beim Stiftungsvorstand sehr deutlich:
Wo kein Entscheidungsspielraum mehr besteht, liegt sinngemäß kein genehmigungspflichtiges Insichgeschäft vor.
Warum das auch für GmbH-Geschäftsführer relevant ist
Jetzt meine bewusste – und aus meiner Sicht zwingende – Übertragung:
👉 Was für den Stiftungsvorstand gilt, gilt erst recht für den GmbH-Geschäftsführer.
Auch bei der GmbH ist klar zu unterscheiden:
- ✔️ Die Festsetzung der Geschäftsführer-Vergütung → durch Gesellschafterbeschluss, zustimmungspflichtig
- ✔️ Die Auszahlung der festgesetzten Vergütung → bloßer Vollzug
Wenn die Auszahlung exakt dem Beschluss entspricht,
dann fehlt jedes zusätzliche Missbrauchspotenzial.
Oder einfacher gesagt: 💬 Wer eine korrekt beschlossene Vergütung bekommt, darf sie auch auszahlen.
Mein Fazit 💬
Die Entscheidung zum Stiftungsvorstand, zur Vergütung und zum Insichgeschäft ist mehr als ein stiftungsrechtliches Detail.
👉 Sinngemäß lässt sich daraus ableiten,
dass die Auszahlung einer ordnungsgemäß festgesetzten Vergütung
kein genehmigungspflichtiges Insichgeschäft ist.
Für mich ist das ein wichtiges Argument für mehr Rechtssicherheit und weniger Formalismus in der täglichen GmbH-Praxis.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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