Positive Beschlussfeststellungsklage und Zustimmungsklage: Wann eine bloße Beschlussanfechtung nicht genügt
Eine abgelehnte Weisung an Geschäftsführer kann nicht einfach „angefochten“ werden. Wer sein Ziel erreichen will, muss im Gesellschaftsrecht die richtigen Klagearten kombinieren – sonst scheitert der Rechtsschutz bereits formell.
Weisungen an Geschäftsführer nur durch Gesellschafterbeschluss
Im österreichischen Gesellschaftsrecht gilt ein klarer Grundsatz:
Eine Weisung an die Geschäftsführer einer Gesellschaft kann ausschließlich durch einen Gesellschafterbeschluss erteilt werden. Einzelne Gesellschafter sind nicht befugt, den Geschäftsführern unmittelbar Anweisungen zu geben.
Damit kommt dem Gesellschafterbeschluss eine zentrale rechtliche Bedeutung zu – insbesondere dann, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gesellschafter kommt.
Ablehnung eines Beschlussantrags: Warum die Beschlussanfechtung allein nicht reicht
Wird der Beschlussantrag eines Gesellschafters auf Erteilung einer Weisung abgelehnt, liegt es nahe, diesen ablehnenden Beschluss gerichtlich anzufechten. Nach der Rechtsprechung genügt jedoch die bloße Erhebung einer Beschlussanfechtungsklage nicht, um einen wirksamen Rechtsschutz zu erlangen.
Der Grund: Selbst wenn der ablehnende Beschluss aufgehoben würde, wäre damit noch kein positiver Weisungsbeschluss gefasst.
Erforderliche Klagekombination: Anfechtung, Feststellung und Zustimmung
Nach der Entscheidung des OLG Innsbruck vom 15.02.2024 (1 R 189/23p) ist die Beschlussanfechtungsklage zwingend zu kombinieren mit:
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einer positiven Beschlussfeststellungsklage (Feststellung, dass der gewünschte Beschluss zustande gekommen ist) und
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einer Klage auf Zustimmung zur Fassung des Beschlusses.
Nur diese Klageverbindung stellt sicher, dass das angestrebte Ziel – nämlich die wirksame Weisung an die Geschäftsführer – auch tatsächlich erreicht werden kann.
Fehlendes Rechtsschutzinteresse bei unvollständiger Klage
Wer diese zusätzlichen Klagebegehren nicht erhebt, riskiert erhebliche prozessuale Konsequenzen:
Die Beschlussanfechtungsklage ist mangels Rechtsschutzinteresse abzuweisen.
Das Gericht sieht in diesem Fall keinen ausreichenden Nutzen der Klage, da selbst ein Erfolg keine rechtliche Wirkung im Sinne des begehrten Weisungsbeschlusses entfalten würde.
Bedeutung für die gesellschaftsrechtliche Praxis
Die Entscheidung des OLG Innsbruck verdeutlicht, dass im österreichischen Gesellschaftsrecht nicht nur das materielle Recht, sondern auch die richtige Wahl und Kombination der Klagearten entscheidend ist.
Gesellschafter sollten bei abgelehnten Weisungsanträgen daher frühzeitig prüfen lassen, welche prozessualen Schritte notwendig sind, um wirksamen Rechtsschutz zu erlangen.
Quelle: OLG Innsbruck, 15.02.2024, 1 R 189/23p – Ich war an diesem Verfahren als Vertreter der beklagten GmbH beteiligt und konnte für diese erfolgreich die Klagsabweisung erreichen.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.

