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Änderung des Geschäftsjahres bei der GmbH: Warum der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung entscheidend ist
von Dr. Lukas Fantur | 21. Dezember 2025
Die Änderung des Geschäftsjahres einer GmbH ist in der Praxis ein häufiges Gestaltungsinstrument – etwa zur Anpassung an Konzernstrukturen oder aus steuerlichen Gründen. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien stellt klar:
Die Änderung des Geschäftsjahres wird nur dann rechtswirksam, wenn sie rechtzeitig im Firmenbuch eingetragen wird.
Rechtlicher Hintergrund: Geschäftsjahr und Jahresabschluss
Das Geschäftsjahr bildet die zeitliche Grundlage für den Jahresabschluss einer GmbH. Wird der Bilanzstichtag geändert, entsteht regelmäßig ein sogenanntes Rumpfgeschäftsjahr, also ein verkürztes oder verlängertes Geschäftsjahr zwischen dem alten und dem neuen Stichtag.
Eine solche Änderung bedarf:
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eines Gesellschafterbeschlusses,
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der Anmeldung zum Firmenbuch, und
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der Eintragung im Firmenbuch.
Kernaussage der Entscheidung des OLG Wien
Nach der Entscheidung des OLG Wien vom 29. März 2024 (6 R 19/24v) genügt es nicht, dass
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der Gesellschafterbeschluss rechtzeitig gefasst wird und
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die Änderung vor Ablauf des Rumpfgeschäftsjahres beim Firmenbuch angemeldet wird.
Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, dass auch die Eintragung im Firmenbuch noch vor Ablauf des durch die Änderung entstehenden Rumpfgeschäftsjahres erfolgt.
Erst mit dieser Eintragung wird die Änderung des Geschäftsjahres rechtswirksam.
Praktische Konsequenzen für GmbHs
Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung:
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Verzögert sich die Firmenbucheintragung – etwa durch formale Mängel oder Bearbeitungszeiten –, kann die Änderung des Geschäftsjahres rechtlich unwirksam sein.
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In diesem Fall bleibt das bisherige Geschäftsjahr maßgeblich, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Jahresabschluss, steuerliche Fristen und Offenlegungspflichten.
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Unternehmen können dadurch ungewollt in Fristprobleme oder rechtliche Unsicherheiten geraten.
Bedeutung für die Beratungspraxis
Für Geschäftsführer:innen, Gesellschafter:innen und beratende Kanzleien bedeutet dies:
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Die zeitliche Planung einer Geschäftsjahresänderung ist besonders sorgfältig vorzunehmen.
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Der Beschluss sollte frühzeitig gefasst und vollständig zum Firmenbuch angemeldet werden.
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Es ist sicherzustellen, dass alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind, um Verzögerungen bei der Eintragung zu vermeiden.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Wien verdeutlicht, dass die Änderung des Geschäftsjahres einer GmbH kein bloßer Formalakt ist. Nur wenn Beschlussfassung, Anmeldung und Eintragung im Firmenbuch rechtzeitig erfolgen, wird die Änderung rechtswirksam.
Für die Praxis bedeutet dies: Wer das Geschäftsjahr ändern möchte, sollte ausreichend zeitlichen Vorlauf einplanen und die Firmenbucheintragung aktiv im Blick behalten.
Quelle: OLG Wien 29.03.2024, 6 R 19/24v
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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