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Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung: Missbräuchliches Zurückbehalten eines Zwerganteils
von Dr. Lukas Fantur | 29. Juni 2011
Verwaltungsgerichtshof: Eine Treuhandkonstruktion bei einer Anteilsvereinigung zur Vermeidung von Grunderwerbssteuer ist missbräuchlich.
Anteilsvereinigung nach dem Grunderwerbsteuer-Gesetz
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt der Grunderwerbsteuer auch ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn
- durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder
- in der Hand von Unternehmen im Sinn des § 2 Abs 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen)
vereinigt werden würden.
Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung: Missbrauch durch Zurückhalten eines Zwerganteils an der Gesellschaft
Nach § 22 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes die Abgabenpflicht nicht umgangen oder gemindert werden.
Liegt ein Missbrauch vor, so sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.
Unter Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes versteht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine solche rechtliche Gestaltung, die
- im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen ist und
- ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung findet.
Es ist demnach zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheint, wenn man den Abgaben sparenden Effekt wegdenkt, oder ob er ohne das Resultat als Steuerminderung einfach unverständlich wäre.
Grunderwerbsteuer: Anteilsvereinigung im Anlassfall
Die Übertragung beinahe des gesamten Geschäftsanteiles vom Vater auf den Beschwerdeführer,
- die Belassung eines „Zwerganteiles“ an der Gesellschaft beim Vater,
- der diesen aber treuhändig für den Sohn hält, und
- das im „Abtretungs- und Treuhandvertrages“ enthaltene Anbot, auf Grund dessen der Beschwerdeführer (oder dessen Rechtsnachfolger) jederzeit den Anspruch auf Abtretung des beim Vater verbliebenen „Zwerganteiles“ ausüben kann,
konnte das Finanzamt als ungewöhnlich und unangemessen im Sinne der zitierten Rechtsprechung betrachten.
Quelle: Verwaltungsgerichtshof 05.04.2011, 2010/16/0168 (GES 2011, 248)
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