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Jahresabschluss-Offenlegungspflicht: Verstöße zwischen 1.1. und 28.2.2011 können nicht bestraft werden
von Dr. Lukas Fantur | 3. Mai 2011
Reform des Zwangsstrafenverfahrens wegen der Verletzung von Offenlegungspflichten beim Jahresabschluss – Oberlandesgericht Wien über den Übergang von der alten zur neuen Rechtslage
Zwangsstrafen zur Durchsetzung der Offenlegungspflichten – Neuregelung durch Budgetbegleitgesetz 2011
Das Zwangsstrafenverfahren nach § 283 Unternehmesgersetzbuch erfuhr tiefgreifende Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz 2011.
Bislang war ein stufenweises Vorgehen, nämlich als erster Schritt – nach Ablauf der gesetzlichen Offenlegungsfrist von neun Monaten – zunächst die Verfahrenseinleitung durch Strafandrohung, geboten.
Erst als zweiter Schritt – nach fruchtlosem Ablauf der gerichtlichen Nachfrist – war die Fassung des Strafbeschlusses vorgesehen.
Nunmehr ist – nach Ablauf der gesetzlichen Offenlegungsfrist – in der Regel sogleich, nämlich ohne vorausgehendes Verfahren, eine Zwangsstrafe mittels Strafverfügung zu verhängen.
Übergangsfristen unklar
Missverständlich sind jedoch die gesetzlichen Übergangsfristen vom alten zum neuen Recht formuliert.
In einer aktuellen Entscheidung kommt das Oberlandesgericht Wien deshalb zum Ergebnis, dass „alte Säumnisse“ bei der Erfüllung der Offenlegungspflichten nur dann nach altem Recht (§ 283 UGB aF) zu sanktionieren sind, wenn sie im Jahr 2011 nicht mehr fortdauern.
Dauert der Verstoß nach dem 1.1.2011 fort, ist bereits die neue Rechtslage (§ 283 UGB nF) anzuwenden.
Da eine Strafverfügung nach neuem Recht jedoch erst ab 1.3.2011 zulässig ist, kann für in die beiden ersten Monate des Jahres 2011 fallende Verstöße gegen Offenlegungspflichten daher keine Zwangsstrafe verhängt werden.
Quelle: OLG Wien 18.02.2011, 4R43/11i (GES 2011, 169)
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit dem Gesellschaftsrecht.
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