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Verletzung der Amtsverschwiegenheit durch unzulässige Firmenbucheintragung
von Dr. Lukas Fantur | 30. Juni 2013
Das österreichische Firmenbuch steht in einem Spannungsverhältnis zum Datenschutz. Schon bei früherer Gelegenheit habe ich darauf hingewiesen (siehe auch hier). Eine neue Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zeigt dieses Spannungsverhältnis zum Datenschutz neuerlich auf.
Veröffentlichung einer einstweiligen Verfügung im Firmenbuch und in der öffentlichen Urkundensammlung
Im aktuellen Fall hatte ein Gesellschafter gegen eine GmbH eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die GmbH hatte dem Gesellschafter wegen Nichteinzahlung der versprochenen Stammeinlagen den Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht. Dagegen erhob der Gesellschafter eine Feststellungsklage, dass der Ausschluss nicht zulässig sei. Das Landesgericht erließ eine einstweilige Verfügung, wonach der Ausschluss bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Gerichtsverfahren nicht ausgesprochen werden dürfe.
Ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt, nahm das Landesgericht im Firmenbuch die Eintragung vor, wonach eine einstweilige Verfügung den Ausschluss des betreffenden Gesellschafters vorläufig untersage. Gleichzeitig veröffentlichte das Firmenbuchgericht den Volltext der einstweiligen Verfügung als PDF in der öffentlichen Urkundensammlung des Firmenbuchs.
Auch unzulässige Eintragungen werden nicht wirklich gelöscht
Über meine Urgenz als Vertreter der betroffenen GmbH entfernte das Firmenbuchgericht dieses PDF wieder.
Den unzulässigen Eintrag über die einstweilige Verfügung löscht es aber nur insofern, als dieser Eintrag aus dem aktuellen Firmenbuchstand entfernt wurde. Nun ist es aber so, dass für jede Firma von jedermann auch ein Firmenbuchauszug mit historischen Daten gemacht werden kann. In diesem sind alle „gelöschten Eintragungen“ sehr wohl weiterhin sichtbar.
Zwar sieht das Firmenbuchgesetz vor, dass ehemalige Eintragungen im Firmenbuch weiterhin im historischen Firmenbuch stand ersichtlich sein müssen (eben mit dem Hinweis, dass sie nicht mehr aktuell sind). Doch im vorliegenden Fall vertrat ich die Auffassung, dass im Zuge einer teleologischen Reduktion dieser Gesetzesbestimmung ausnahmsweise eine ersatzlose Löschung erfolgen muss, auch aus dem historischen Datenverzeichnis.
Der Grund liegt meines Erachtens auf der Hand: mit der vorliegenden unzulässigen Firmenbucheintragung über den Umstand, dass eine einstweilige Verfügung in einem Gesellschafterstreit ergangen war, war auch das Amtsgeheimnis verletzt worden. Das Amtsgeheimnis steht aber unter einem ganz besonderen gesetzlichen Schutz. Sowohl in der Verfassung, als auch im Strafgesetzbuch, Richterdienstgesetz und Beamtendienstrechtsgesetz ist das Amtsgeheimnis geschützt.
Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
Die Angelegenheit ging bis zum Obersten Gerichtshof, der jedoch die Vorinstanzen bestätigte. Die unzulässige Eintragung ist demnach zwar zu löschen, aber nur insofern, als sie tatsächlich bloß in den historischen Firmenbuchdatenbestand verschoben wird. Im Ergebnis ist die unzulässige Eintragung ist also nicht gelöscht, sondern weiterhin für jedermann abrufbar.
Die Entscheidung wurde in der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (mit einer Anmerkung von mir) veröffentlicht.
Rechtslage unbefriedigend
Diese mit dieser höchstgerichtlichen Entscheidung festgestellte Rechtslage ist rechtspolitisch zweifellos unbefriedigend. Der Gesetzgeber ist daher aufgerufen, hier so rasch wie möglich eine Änderung vorzunehmen. Und zwar dergestalt, dass unzulässige, rechtsgrundlose Eintragungen, die in öffentlichen Registern erfolgen, auf Antrag betroffener Personen wieder rückgängig gemacht werden müssen. Und zwar ersatzlos, sodass sie in Zukunft nie mehr abgerufen werden können.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt Gesellschaftsrecht, insbesondere Beratung und Vertretung im Gesellschafterstreit.
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