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Europäische Privatgesellschaft im Europaparlament
von Dr. Lukas Fantur | 31. Januar 2009
Der Vorschlag der EU-Kommission zur Schaffung einer neuen europaweiten Gesellschaftsform, der Europäischen Privatgesellschaft, ist im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments behandelt worden.
Die Pressemitteilung über die Beratungsergebnisse wirft Fragen auf.
In der in Englisch vorliegenden Pressemitteilung vom 19.1.2009 heisst es dazu:
Grenzüberschreitender Bezug der Europäischen Privatgesellschaft
Der Rechtsausschuss spricht sich dafür aus, dass zur Vermeidung von Missbräuchen – insbesondere in Hinblick auf Arbeitnehmermitbestimmung, Rechtmäßigkeitskontrolle anlässlich der Gründung sowie Mindesterfordernis an Stammkapital ein grenzüberschreitender Bezug Gründungsvoraussetzung sein müsse.
Als Beispiele für einen solchen grenzüberschreitenden Bezug, der vorleigen müsse, nennt der Ausschuss:
- Die Gründungsgesellschafter aus kommen aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten, oder
- der Unternehmensgegenstand erstreckt sich auf mehr als einen Mitgliedsstaat, oder
- es werden Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedsstaaten gegründet.
Diese Bedingungen müßten aber nicht bereits bei der Gründung vorliegen. Vielmehr solle es ausreichen, dass diese Bedingungen innerhalb von zwei Jahren nach der Gründung der Gesellschaft vorliegen.
Mindestkapital oder „Solvenz-Zertifikat“
Nach dem Rechtsausschuss soll ein Mindestkapital von einem Euro zwar kein Gründungshindernis sein, in diesem Fal müsse die Gesellschaft jedoch als zusätzliches Gründungserfordernis ein „Solvenz-Zertifikat“ ausstellen „um zu zeigen, dass die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Schulden zu bezahlen“.
Sollte ein solches „Zertifikat“ nicht beigebracht werden, so soll ein Mindestkapital von 8.000 Euro erforderlich sein, so der Rechtssausschuss laut Pressemitteilung.
Arbeitnehmermitbestimmung
Weiters sprach sich der Rechtssauschuss für Anpassungen im Bereich der Arbeitnehmermitbestimmung aus.
Offene Fragen
Die Pressemitteilung führt nichts Näheres zum „Solvenz-Zertifikat“ aus. Dass dieses künftige Rechtsinstitut, sollte es verwirklicht werden, spannende Rechtsfolgen, vor allem Haftungsfragen, auslösen wird, steht wohl dennoch schon heute fest.
Und ebenso unklar ist, was geschehen soll, wenn nach zwei Jahren der Existenz der neu ins Leben getretenen Europäischen Privatgesellschaft herausstellt, dass die vorgeschriebenen Erfordernisse des grenzüberschreitenden Bezugs nicht eingetreten sind.
Muss die Gesellschaft dann liquidiert werden? Und welchen Sinn sollte das haben?
Die Pressemitteilung gibt dazu keine Auskünfte. Mit Spannung warten wir also auf weitere Informationen. Demnächst hier nachzulesen.
nach oben | Der Autor: Rechtsanwalt Wien Dr. Lukas Fantur
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